Der Verkauf über den stationären Handel nimmt eine zentrale Rolle für den Erfolg eines jeden Fahrzeugherstellers ein. Die Händler sichern das Geschäftswachstum und sind eine direkte Verbindung zwischen Unternehmen und Kunden.
Sebastian Kaspari
Head of Sales & Marketing
Sebastian Kaspari ist seit den frühen 2000er Jahren fest in unserem Unternehmen verankert. Dank seiner langjährigen Erfahrung in verschiedensten Aufgabenbereichen wie der Kundenbetreuung und des Vertriebs verfügt er über einen großen Erfahrungsschatz, wenn es um die Analyse automobiler Marktdaten und unserer dazugehörigen Systeme geht.
Deshalb ist es umso wichtiger, sich diesen Geschäftsbereich genauer anzuschauen: Wo bin ich mit meiner Marke gut vertreten? Wo bin ich es nicht und warum? Wo kann ich mehr Potential ausschöpfen? Die richtigen Fragen bringen die richtigen Antworten. Detaillierte Informationen zeichnen ein realistisches Bild der IST-Situation und zeigen Handlungsbedarf im eigenen Markt auf. So lassen sich Verkäufe optimieren.
Aber wie funktioniert so eine Analyse der Händlerverkäufe im Einzelnen? Das schauen wir uns jetzt an einem typischen Beispiel in unserem Marktanalysesystem MIS an.
Wie performen meine Händler?
Die übliche Ausgangslage einer Marktanalyse aus Herstellersicht ist ein Vergleich der IST-Situation aller Händler. Wer verkauft überdurchschnittlich, wer unterdurchschnittlich? Und welche Zahlen sind so auffällig, dass man genauer hinschauen muss? Verschaffen wir uns zunächst einen Überblick über die reinen Verkaufszahlen jedes Händlers:
Auch wenn diese Information sicherlich interessant ist, reicht sie jedoch alleine nicht aus, um z. B. präzise Rückschlüsse auf die Ursachen niedriger Verkaufszahlen zu ziehen. Nutzt ein Händler alle möglichen Verkaufschancen aus oder verliert er Verkäufe an markeninternen Wettbewerb? Um die potentiellen Ursachen einzugrenzen, sollte man zunächst schauen, ob sich ein Händler rein auf sein zentrales Einflussgebiet fokussiert oder nicht.
Wie viele Fahrzeuge haben die Händler innerhalb ihrer Einflussgebiete verkauft und wie viele Fahrzeuge außerhalb?
Suchen wir zunächst nach auffälligen Gebieten. Diese Karte ist nach Gewichtung eingefärbt und lässt leicht erkennen, welche Händler stärker außerhalb ihrer Einflussgebiete verkaufen.
In unserem Beispiel ist dies u. a. der Händler „Valladolid“, der von insgesamt 99 verkauften Fahrzeugen lediglich 35 in sein Einflussgebiet verkauft hat, aber 64 Fahrzeuge außerhalb des Einflussgebiets. Damit fokussiert er sich lediglich zu 34,85 % auf sein zentrales Einflussgebiet. Das kann passieren, ist aber dennoch ein niedriger Wert. Hat das Gebiet also nicht genug Potential oder gibt es eine andere Ursache? Ein Grund, sich diesen Händler näher im Detail anzuschauen.
Wieviel des möglichen Verkaufspotentials deckt Händler Valladolid in seinem Einflussgebiet ab?
Jetzt ist es wichtig zu prüfen, ob Händler Valladolid sein Verkaufspotential an markeninternen Wettbewerb verliert oder ob er über sein Einflussgebiet hinaus verkaufen muss, weil es alleine zu wenig Potential bietet. Diese Karte zeigt alle verkauften Fahrzeuge der Marke im Verhältnis zu Händler Valladolids eigenen Verkäufen. Daran können wir erkennen, welchen Anteil Valladolid an den Verkäufen in seinem Einflussgebiet hat.
Von den insgesamt 91 Fahrzeugen, die in Valladolids Einflussgebiet verkauft wurden, hat er selbst nur 35 verkauft. Also stammen 56 Verkäufe von anderen Händlern. Diese Gebietsausschöpfung von nur 31,85 % zeigt, dass Verkaufspotential vorhanden war, aber Valladolid selbst nur einen geringen Teil davon erreichen konnte.
Auch für diese Erkenntnis kann es verschiedene Ursachen geben. Vielleicht erkennt er das Potential im Gegensatz zum Wettbewerb nicht ausreichend und hat deshalb eine andere Vertriebsstrategie oder er konzentriert sich zu stark auf Kunden außerhalb seines Einflussgebiets. Vielleicht bewirbt er aber auch Fahrzeugmodelle, die nicht in sein Zielgruppensegment passen. Um das genauer herauszufinden, lohnt sich der Blick in die nächste Detailstufe der Verkäufe: In welche Gebiete hat Valladolid verkauft und in welchen Teilen seines Einflussgebiets hat er Verkäufe verloren?
1. In welche Gebiete hat Valladolid Fahrzeuge verkauft?
Um die erste Frage zu beantworten, ist diese Tabelle gut geeignet. Sie zeigt nicht nur alle Gebiete, in die Valladolid verkauft hat, sondern auch, welche Modelle:
Auffällig ist hier, dass Valladolid besonders viele Fahrzeuge des Typs Model B in das Gebiet Dueñas verkauft hat, obwohl es nicht Teil seines Einflussgebiets ist. Darüber hinaus hat er dort auch häufig das Model B und D verkauft. Da die Modelle B und D außerdem die verkaufsstärksten Modelle von Valladolid sind, ist anzunehmen, dass er diese stärker beworben hat.
2. In welchen Teilen seines Einflussgebiets hat Valladolid Verkäufe verloren?
Diese Karte zeigt verlorene Verkäufe in den einzelnen Teilgebieten von Valladolids Einflussgebiet an. Die linken Zahlen auf der Karte zeigen die Verkäufe anderer Händler, die rechten repräsentieren Valladolids eigene Verkäufe in ein Teilgebiet.
Die Karte verdeutlicht, dass Valladolid insgesamt wenig innerhalb seines Einflussgebiets verkauft, vor allem nicht in die Randgebiete. Seine Wettbewerber tun dies dagegen schon. Es könnte also sein, dass er entweder seine Vertriebs- bzw. Marketingaktivitäten zu wenig auf die Randgebiete konzentriert oder mit den falschen Modellen wirbt.
Jetzt wissen wir, welche Modelle Valladolid stärker vertreibt und wo er Verkäufe verliert. Nun gilt es zu prüfen, ob beides im Zusammenhang steht. Welche Modelle sind bei den Kunden beliebt und kommt Valladolid diesem Bedürfnis nach?
Verkauft Händler Valladolid ausreichende Mengen der gefragtesten Modelle?
Diese Tabelle zeigt in einem Ranking, welche Fahrzeugmodelle in Valladolids Einflussgebiet vorrangig gekauft wurden. Außerdem wird ersichtlich, wie viele dieser Fahrzeuge Valladolid selbst verkauft hat (linke Spalte) und wie viele seine Wettbewerber verkauft haben (rechte Spalte).
Die Modelle B, A und E sind die meistverkauften Modelle im Einflussgebiet. Sie sind also anscheinend bei den Kunden beliebt. Händler Valladolid hat dagegen in seinem Einflussgebiet nur 2 Einheiten von Model B verkauft, obwohl dieses Modell insgesamt zu den verkaufsstärksten Modellen gehört. Damit verschenkt er das Potential von Modell B an den Wettbewerb. Die Modelle A und E verkauft Valladolid zwar in seinem Einflussgebiet, lässt sich aber auch bei diesen zwei Modellen Verkäufe entgehen bzw. gibt Potential an Wettbewerber ab.
Valladolid scheint seinen Fokus zu wenig auf den Vertrieb und das Marketing der beliebtesten Modelle in seinem Einflussgebiet zu legen.
Das Ende unserer Analyse?
Durch die Untersuchung der Modelle konnten wir bereits einen Grund für Valladolids auffällige Verkaufszahlen herausfinden. Wie in den meisten Fällen wird es aber auch hier noch weitere Ursachen geben, für die sich zusätzliche Detailanalysen lohnen. Sicherlich wäre es sinnvoll, sich näher mit der Marktsituation des Wettbewerbs anhand von Zulassungen auseinanderzusetzen, falls das noch nicht vor der Analyse der Händlerverkäufe geschehen ist. Je nach Fall könnte man auch die gewerblichen Verkäufe aus der Analyse herausnehmen, um sich private Kunden als Zielgruppe detaillierter anzuschauen, oder über soziodemografische Daten herausfinden, welche Modellpreisklassen in einem Gebiet infrage kommen.
Allerdings zeichnet sich in unserem Beispiel bereits ab, wie vielschichtig eine solche Analyse sein kann und muss. Erst im Verlauf können Sie einzelne Zusammenhänge und Optimierungsbedarf erkennen. Gerade deshalb ist es so wichtig, mit einer guten Datengrundlage zu arbeiten. Fehlerhafte und unvollständige Daten verzerren die Details und sorgen für ein unrealistisches Gesamtbild. Stellen Sie also die richtigen Fragen, nutzen Sie qualitative Daten und steigen Sie damit tief in ihren Markt ein, um eine fundierte Entscheidungsgrundlage zu erhalten.
Stand November 2020
Eine gute Strategie braucht die richtige Datenbasis.
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